Von unserer Mitarbeiterin Kathrin Thomas
Mit ihren schwarzen Knopfaugen bringen sie vermutlich jedes Kinderherz zum Schmelzen. Eine zottige Schnauze, dicke Tatzen und ein runder Bauch sind ihre Markenzeichen. Teddybären füllen zur Weihnachtszeit die Regale in den Spielwarenläden, seit nunmehr über 100 Jahren sind die kleinen Schmusegefährten ein Kassenschlager. Neben den Spielgefährten von der Stange gibt es die von Hand gefertigten, ganz individuell gestalteten Teddys: Sie kommen zum Beispiel aus Flomersheim, aus der Werkstatt von MonikaSchleich.
Die Idee des beweglichen Plüschbären kommt vermutlich aus Deutschland. Die deutsche Schneiderin Margarete Steiff hatte sich im 19. Jahrhundert als Produzentin von Stofftieren einen Namen gemacht: Elefanten, Kamele, Pferde oder Affen aus ihrer Produktion zierten die Schaufenster der Geschäfte, nur an einen Bären hatte sich Steiff noch nicht herangewagt. Erst ihr Neffe Richard entwarf 1902 den ersten beweglichen Plüschbären.
Teddys” Bär
Teddy hieß dieser Bär noch nicht, er trug die schlichte Bezeichnung 55 PB, die Abkürzung für den aus Plüsch gefertigten und beweglichen 55 Zentimeter großen Bären. Richard Steiff präsentierte den Bären im Jahre 1903 zum ersten Mal auf einer Spielwarenmesse. Zunächst schien der Bär keine Interessenten zu finden, erst am letzten Tag fand ein amerikanischer Besucher Gefallen an dem beweglichen Tier und bestellte die ersten 3000 Bären.
Dass ausgerechnet ein Amerikaner dem Bären zu seiner steilen Karriere verhalf, hat einen anderen Grund. Parallel zu Richard Steiffs Entwicklung ereignete sich ebenfalls im Jahr 1902 in Amerika eine Bärenjagd zu Ehren des damaligen Präsidenten Theodore Teddy” Roosevelt. Dem leidenschaftlichen Jäger Roosevelt zeigte sich jedoch kein Bär, schließlich ließ man einen kleinen Bären festbinden, um Theodore Roosevelt zu seinem Jagdglück zu verhelfen. Der Präsident weigerte sich, den Bären zu erlegen, fand sich aber bald auf einer Karikatur in den amerikanischen Zeitungen wieder. So hatte man auch in den USA Freude mit Teddys Bär und begann bald, die ersten Plüschabbilder des kleinen Bären zu produzieren.
Seither hat der Teddybär viele Veränderungen durchgemacht: größere Pfoten, runderer Bauch, trotz alledem gilt er noch immer als das ideale Weihnachtsgeschenk” – findet zumindest MonikaSchleich. Sie ist wohl eine der bekanntesten Teddybär-Schöpferinnen im Frankenthaler Raum und entwirft Woche für Woche neue Spielgefährten mit höchst unterschiedlichem Aussehen.
Fünf Jahre ist es her, dass sie sich mit Nadel, Faden und einem Stück Teddyplüsch an ihren ersten Teddybären gemacht hat. Heute bezeichnet sie sich selbst als teddysüchtig. Dabei ist es eigentlich verwunderlich, dass MonikaSchleich seit ein paar Jahren der Teddysucht verfallen ist. ?Als Kind hatte ich gar keinen Teddybären”, erinnert sich die Flomersheimerin. ?Und heute fragt mich meine Mutter, warum ich ausgerechnet jetzt anfange, mit Teddys zu spielen”, lacht sie.
Völlig teddyfrei verlief ihr Leben, dann aber kam der Dezember 2000. Wegen der schlechten Auftragslage verlor MonikaSchleich ihre Arbeit und musste beim Arbeitsamt einen Kurs belegen. Die Prüfung hatte ich schon vor Ende des Kurses abgeschlossen, trotzdem bestand noch Anwesenheitspflicht”, erklärt Schleich. Langeweile kam allerdings nicht auf, als Kursteilnehmerin Heidi eines Tages mit einem riesigen Korb handgefertigter Teddybären den Raum betrat. ?Hin und weg” war MonikaSchleich seitdem von den zottigen Tieren. Schritt für Schritt zeigte ihr Heidi, wie man einen Teddybären selber näht.
Entwurf in drei Tagen
Seit diesem Erstlingswerk dürften wohl mehrere hundert Bären aus der Teddywerkstatt der Flomersheimerin hervorgegangen sein. Etwa zwei bis drei Tage benötigt MonikaSchleich für den Entwurf eines neuen Schnittes. Bis der Bär dann endlich vor ihr sitzen kann, braucht es meist nur eine Woche.
Abends nach der Arbeit setze ich mich vor den Fernseher und nähe”, berichtet Schleich. Nach Schneiden, Heften, Nähen und Zusammenbauen des Körpers bekommt der Bär dann endlich sein Gesicht. Darauf freue ich mich am meisten”, gibt Schleich zu. Mehrere Teddybären parallel zu fertigen kommt gar nicht in Frage. ?Ich muss mich dann wirklich nur mit diesem einen Bären beschäftigen”, erklärt sie.
Wie viele Teddykinder MonikaSchleich genau bisher zum Leben erweckt hat, kann sie selbst nicht mehr sagen. Zu viele sind es in all den Jahren geworden. Das musste auch sie eines Tages feststellen, als die ganze Wohnung von Bären besiedelt war. Um der ?Überbevölkerung” ein Ende zu machen, blieb nur noch der Verkauf einiger Exemplare.
Adoptiveltern weltweit
Manchmal fällt es schwer, sie abzugeben. Bei anderen ist es nicht so schlimm, schließlich gelingt mir nicht jeder Bär gleich gut”, weiß Schleich aus Erfahrung. In der ganzen Welt haben sich mittlerweile Adoptiveltern für die Bären gefunden, nach Australien, Tschechien, Frankreich oder in die USA sind schon einzelne Exemplare gewandert.
Heute befinden sich nur noch wenige Teddybären in ihrem Haus. Ein paar Exemplare will MonikaSchleich auf keinen Fall hergeben. Mit ihnen gewann sie bereits einige Preise, beispielsweise den Gläsernen Teddybären” oder den Ted Worldwide”. Gemeinsam mit ihren Auszeichnungen zieren die Bären nun eine kleine Kommode im Haus der Teddymutter.
Eine Massenproduktion gleicher Teddybären, wie sie für Kaufhäuser stattfindet, käme der Flomersheimerin nie in den Sinn – spätestens nach dem dritten Bären nach gleichem Schnittmuster muss eine neue Idee her. Es ist, als würde ich tagelang das gleiche Essen zu mir nehmen. Es langweilt mich einfach, immer wieder das gleiche zu nähen,” erklärt MonikaSchleich.
Bei ihrer Ideensuche nimmt sie sich einen Ausspruch ihrer Freundin Heidi zu Herzen. ?Versuche, aus nichts etwas zu machen, hat sie mal gesagt. Und ich finde, das trifft es sehr gut”, erklärt Schleich.
Mit offenen Augen geht sie durchs Leben, immer auf der Suche nach neuen Ideen. So entstanden beispielsweise schon Teddybären aus alten Mänteln.
Mittlerweile ist auch ein Teil der Familie in die Teddyproduktion mit eingestiegen. Während Sohn Ralf die Grundsteine für die eigene Homepage legte, verfiel Monika Schleichs Schwiegermutter dem Strickfieber und fertigt nun Woche für Woche passende Kleidung für die liebgewonnenen Teddys.
Mit der Teddyproduktion aufzuhören käme MonikaSchleich nie in den Sinn. ?Mir würde abends vor dem Fernseher etwas fehlen, wenn ich nicht irgendetwas in der Hand hätte.”